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Ein Fingernagel als Antenne: Bodyextensions, die einen verfallenen Ort mehrsinnlich erfühlen, helfen zur Orientierung in einer modernen Ruine. Zwischen Ein- und Durchgängen, überwuchernden Pflanzen, wetterbedingter Abnutzung und Spuren von Vandalismus, spürt die Person, der wir folgen, nicht zuletzt den eigenen Dysfunktionen nach, die in neue Wahrnehmungsräume führen. Ein Zikadentinnitus begleitet die Erkundung des Raums als Körper.

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(INNEN/AUSSEN . RUINE . TAG)
Aus der Dunkelheit hebt sich seine Silhouette hervor, die immer wieder im Schwarz versinkt. Erscheinen und Verschwinden, wie Erinnerungen.
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Wankend betritt er das Gebäude und findet tröpfelnde Leere vor. Er erforscht kaputte Wände, den Schutt, das Vergangene und versucht sich zu erinnern.
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Er lauscht den Zikaden, das Zirpen verwandelt sich zum Mono-Ton.
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Er streift durchs Gebäude, ins Geräusch gehüllt.
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Später. Die Schalldämmung hängt von der Decke und ziert den Boden. Er streckt die Fühler aus, Flügel schlagend. Er blickt um sich. Und erinnert sich an leuchtende Wellen.

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Video:

in Zusammenarbeit mit Anna Sophia Rußmann, Kilian Immervoll und Pipi Fröstl

Fotografie:

Anna Sophia Rußmann

Sounddesign/Komposition:

Manuel Riegler

Szenentext:

Pipi Fröstl

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Material bewegt sich durch Belastung. Damit keine Risse entstehen, nivellieren Fugen in allen öffentlichen und privaten Räumlichkeiten gegenläufige Spannungen. Sie sollen abdichten, vor Bauschäden schützen und versiegeln. Gleichzeitig verbinden sie getrennte Materialien; sie sind die absichtliche Trennung die Berührung ermöglicht, eine Begegnungszone. Aus dem Dazwischen losgelöst, fügen sich die Fugen in den Bildskulpturen zu einer synthetischen Membran, die schwimmt, feststeckt, aktiviert und im Sturm des Swimmingpools getrieben wird.

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(INNEN/AUSSEN . UNTER-ÜBER-WASSER . TAG)
Lautlose Fugen dehnen sich zu einer grenzenlosen Landschaft aus, ein fragmentiertes Ganzes. Die Textur der Oberfläche erinnert an die Textur von Haut.
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Sie bewegt sich, als würde sie atmen. Hände greifen nach ihr, tauchen sie unter Wasser und lassen sie dann wieder los. Selbstständig treibt die Haut auf der Oberfläche, sinkt ab und taucht wieder auf, um Luft zu holen.
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Das Draußen hört sich unter der Oberfläche anders an.
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Es klingt nach Über-Wasser-Sturm.
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Die Haut formt sich in leuchtenden Wellen. Sie wird gezogen und geschoben, nähert sich an und distanziert sich. Sie schwingt an der Grenze von Unter und Über, ein gleichzeitiges Dazwischen.

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Objektserie (in progress):

How to dissapear / in a crowd

30 × 25 cm
35 × 90 cm
52 × 100 cm
390 × 180 cm
Silikondichtmasse
19 m³ Poolwasser
Video:

in Zusammenarbeit mit Anna Sophia Rußmann, Kilian Immervoll und Pipi Fröstl

Fotografie:

Anna Sophia Rußmann

Sounddesign/Komposition:

Manuel Riegler mit Gianna Virginia Prein

Szenentext:

Pipi Fröstl

Quellenangaben
Ahmed, Sara:

Strange Encounters: Embodied Others in Post-coloniality.
Kapitel: Bodies with skins, S.44-50. Routledge, 2000

(WERK)

Ein Gebäude ist im ständigen Werden, es wird belebt, benutzt, abgenutzt, zerfällt. Körper hinterlassen Spuren in Gebäuden. Gebäude hinterlassen Spuren an uns. Überbleibsel, Abrieb, Geröll. Teile davon nehmen wir mit und transportieren sie weiter. Eine Konstruktion aus Überresten, Verschmutzung, Zersetzung. Zerfall endet nicht zwangsweise in Staub, den wir sanft wegstreichen. 

In „and so I’ll go“ wird der Teppichboden eines alten Möbel-Showrooms zum Raster verschiedenster Mikrohandlungen.
Der Witterungseinfluss legt eine Ansammlung an immer kleineren Bruchstücken frei.

"Dirt never emerges from nowhere, ex nihilo, but from beneath your feet, from under your fingernails, from encounters and relations and from the accumulated odds and sods that compose any mode of life.“
Hélène Frichot, Dirty Theory: Troubling Architecture

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(INNEN/AUSSEN . GROSSRAUMGESTEIN . TAG)

Muscheln streichen über ein Meer aus Haar, das sich formatfüllend über die Bildoberfläche erstreckt. Vertieft in ihre Tätigkeit taucht sie darin ab, wie unter Wasser.

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Der Raum wird gestreift und gestreichelt. Haare, Schmutz, Staub, eine fragmentierte Welt legt sich über Wände, Boden und Decke. Auf der Suche nach Ablagerungen graben sich Hände in die Mauer und Füße zerreiben das Ganze in Einzelteile.

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Sie verlegt den Tod wie einen Teppichboden, streckt die Fühler aus, die Flügel schlagend. Jeder Schritt transportiert tausende Körper, die – sich im Raum formend – den Raum formen. Der anfangs- und endlose Staub legt sich über alles.

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(CREDIT)
and so I’ll go
Performance
Video:

in Zusammenarbeit mit Anna Sophia Rußmann, Kilian Immervoll und Pipi Fröstl

Fotografie:

Anna Sophia Rußmann

Sounddesign/Komposition:

Manuel Riegler

Songtitel:

and so I’ll go

Interpret*innen:

Julia MüllnerManuel Riegler

Szenentext:

Pipi Fröstl

Quellenangaben:

Song frei nach Dolly Parton „I Will Always Love You“

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Welche Nähe spüren Körper, die über bildgebende Apparaturen kommunizieren? Wie übersetzen sich Nähe und Distanz über die Webcam? Jobgespräche, Plena, Vorlesungen, Performances, intime Gespräche – social distancing hat viele verstärkt vor den Monitor geholt und dabei Räumlichkeiten neu zugänglich gemacht. Die Organisation des Sozialen hat sich um Fragen des Home Video Set Ups gedreht und weniger darum, wie die bildgebende Technik dort eigentlich hin kam. Die meisten Webcams laufen über Autofokus – die Manipulierung des Bildausschnitts findet in tieferen Ebenen statt. Das Risiko der Transparenz sitzt am anderen Ende der Glasfläche.

In „Third Eye“ zeigt sich die Kameraperspektive schrittweise, löst sich aber nie komplett auf. Trotz aller Bemühungen bleibt hier immer jemand, oder etwas, beinahe unbemerkt beobachtend.

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(intern . VERBUNDENE RÄUME . day)

Eine kleine Öffnung gewährt den Blick auf einen Ausschnitt seines Körpers.

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Dann setzt sie sich an den Schreibtisch und öffnet den Laptop.

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Vertraute Töne dröhnen aus den Lautsprechern, die Stimmen verzerrt.

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Kaum merklich wechselt die Perspektive hin und her. Die zweidimensionale Oberfläche wird zum distanzlosen Raum. Der Monitor versammelt Menschen und Ablagerungen – Staub und Schmutz – die sich wie Artefakte über die Bildoberfläche legen.

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Die Strukturen des Monitors erinnern an Strukturen der Haut. Immer wieder spüren Hände ins Bild hinein, um sich optisch anzunähern und eine Stimme inszeniert verschiedene Momente, die festgehalten werden.

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Ein leerer Stuhl verweist auf Abwesenheit, aber das Ende ist nur vorläufig. Ein neues Bild wird aufgezogen.

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Werkangaben:

Fotografie, 9-teilige Serie, 2022

Video:

in Zusammenarbeit mit Anna Sophia Rußmann, Kilian Immervoll und Pipi Fröstl

Fotografie:

Lisa Edi

Sounddesign:

Manuel Riegler

Szenentext:

Pipi Fröstl

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Ein Paar erinnert sich an Bereiche in ihrem Garten, in denen zuvor Keramikobjekte aus eigener Produktion standen. Die Leerstellen der ehemals dort platzierten Gegenstände werden durch Klavierimprovisationen befüllt, die neben den Schauplätzen auch das vergangene Handwerk aufgreifen. Trocknungs- und chemische Prozesse wie das Blubbern der Glasur, die durch das Brennen verdunstet und aushärtet, sind klangliche Motive die teils auf leere Platzhalter, teils auf die Oberflächenstrukturen des Tons treffen, der mit der organischen Architektur des Gartens verwächst.

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(AUSSEN . GARTEN . TAG)

Ein forschender Blick durch einen Sucher, aber die gerasterte Oberfläche ist so verschwommen wie Wasser. Auf der Suche nach einem Bild holt der Regler die Objekte näher heran, sodass eine Steinplatte deutlich wird. Ein Moment der Klarheit. Beim Versuch ihn festzuhalten, verschwindet er.

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Dann greift eine Stimme nach dem Wort, wie die Natur nach der Keramik. Er und Sie erinnern sich an Platzierungen und Übersiedelungen der Objekte. Und daran, wie die Figuren jetzt nicht mehr sind. Was bleibt sind Fragmente.

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Die Musik bahnt sich – ebenso wie die Natur – ihren Weg durch die Löcher und Fugen.

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Säulenstücke, leere Podeste, ein elegant-uneleganter Kopf, eine Steinplatte, die „kurz vor den Ribiseln“ auf einen früheren Weg verweist, werden zur Ursprünglichkeit zurückgeführt. Denn die Natur breitet sich aus und begründet nichts, sie ist der Grund.

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Am Ende holt sie es sich zurück und es beginnt von Neuem:

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Ein Kreislauf...

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Schwindende Fragmente
Komposition
Video:

in Zusammenarbeit mit Anna Sophia Rußmann, Kilian Immervoll und Pipi Fröstl

Fotografie:

Anna Sophia Rußmann

Komposition/Interpret:

Ralph Mothwurf

Szenentext:

Pipi Fröstl